Rezitative in deutscher, Arien in italienischer Sprache mit deutschen Übertiteln.
Jupiter hat ein Auge auf die Nymphe Calisto geworfen. Als Gefährtin der Jagdgöttin Diana hat Calisto jedoch ein Keuschheitsgelübde abgelegt. Wie üblich vertraut Jupiter weniger auf seine Verführungs- als auf seine Verwandlungskünste. In Gestalt Dianas nähert er sich der nichts ahnenden Nymphe. Während der Gott alles andere als vorbildhaftes Gebaren an den Tag legt, zeigt sich der neben Calisto einzige Sterbliche dieser Geschichte, der Schä-fer Endimione, als aufrichtig Liebender. Leider ist er in Diana verliebt, was zu entspre-chenden Verwechslungen führt. Calisto muss schließlich dafür büßen, dass sie Jupiters Verkleidungsspielchen nicht durchschaut hat. Jupiters eifersüchtige Frau Juno verwandelt sie aus Rache in eine Bärin – allerdings ohne Möglichkeit der Rückverwandlung wie sie der Göttervater besitzt. Mit einem flauen Trost versucht Jupiter vor Calisto die Rolle des würdevollen Gottes aufrecht zu erhalten: Er würde sie nach ihrem Tod als Sternbild des Bären an den Himmel und damit in seine Nähe versetzen.
Nach Motiven aus Ovids Metamorphosen erzählt die Oper von einer der zahllosen Liaisons von Göttervater Jupiter. Ihr Komponist Francesco Cavalli war in der Mitte des 17. Jahr-hunderts der unumschränkte König der venezianischen Oper. Weil man damals in Venedig – anders als an den allein dem Adel vorbehaltenen Hoftheatern des übrigen Europa – ganz simpel durch Kauf einer Eintrittskarte ins Theater gelangen konnte, sind Cavallis Opern an ein großes, alle Schichten umfassendes Publikum adressiert. Bei ihm werden Erhabenes und Derbes, Leidenschaft und innige Empfindungen, Intrigen, Verwechslungen und Ver-wandlungen, Götter und Menschen in einem karnevalesken Reigen durcheinander gewir-belt. In den wunderbar expressiven Rezitativen folgt er der Tradition Monteverdis, aber in den zahlreichen kurzen Arien ist Cavalli in einer neuen Zeit – seiner Zeit – angekommen. Hier zeigt er seinen ganzen Ausdrucks- und Erfindungsreichtum. La Calisto (1651) ist eines der zugleich ausgewogensten und phantasievollsten Werke der Barockoper.